Die Meldungen in den letzten Jahren ĂŒberschlugen sich förmlich zum Thema Fleischersatz oder vegane Burger. Anscheinend hat die Nahrungsmittelindustrie mĂ€chtige SprĂŒnge bei der Entwicklung von Fleischersatzstoffen gemacht. Sogar die Börse machte mit. Als jemand, der tatsĂ€chlich (immer noch) gerne Fleisch isst, selber kocht aber auch immer offen fĂŒr Experimente und neue Erfahrungen bei dem Thema Essen ist, wollte ich mich informieren. Ein wenig experimentiert habe ich auch schon. Hier könnt ihr lesen, was ich herausgefunden habe.
1. Vegetarische und vegane ErnÀhrung auf dem Vormarsch
Um zu verstehen, was sich gerade in der Nahrungsmittelindustrie tut, muss man etwas einbeziehen, das ich den Zeitgeist nennen wĂŒrde. Der besteht aus mindestens drei Strömungen, die unabhĂ€ngig voneinander eine ErnĂ€hrungsform ohne Fleisch als vorteilhaft erscheinen lassen:
1. | Die zunehmende Sorge um unseren Planeten und der Wunsch, mit der eigenen ErnÀhrung der Zerstörung unserer Umwelt nicht noch weiter Vorschub zu leisten, lÀsst viele Verbraucher umdenken |
2. | Immer weniger Menschen sind bereit, sich mit Massentierhaltung, der Art und Weise wie wir Tiere behandeln und Fleisch als Nahrungsmittel in den Industrienationen erzeugen, abzufinden. |
3. | Immer mehr medizinische Aspekte und Untersuchungen, die die Gesundheit in den Vordergrund stellen, erachten den erhöhten Fleischkonsum in den Industrienationen als gesundheitlich bedenklich. |

1.1 Treibhauseffekt durch immer mehr Tiere
UngefĂ€hr ein Drittel der LandflĂ€chen der Erde wird fĂŒr Tierhaltung genutzt. Die FlĂ€che wird fĂŒr Weiden oder Felder benötigt, auf denen Futter fĂŒr die Tiere angebaut wird oder die Tiere gehalten werden. Bei den aktuellen Zahlen des Bevölkerungswachstums auf der Erde ist das zukĂŒnftig nicht mehr darstellbar. Dazu kommt, dass landwirtschaftliche Tierhaltung enorm schĂ€dlich fĂŒr die Umwelt ist. Der DĂŒnger, der fĂŒr die Futterpflanzen benötigt wird, verunreinigt das Grundwasser, ebenso wie die benötigten Antibiotika. Methanhaltige AusdĂŒnstungen belasten das Klima. Es liegen hinreichende Nachweise vor, nach denen die Massentierhaltung das Klima auf dem Planeten nachhaltig negativ beeinflusst. Etwa 1/5 der Treibhausgase stammen aus der Tierproduktion. Erkennt man den Klimawandel als von der Menschheit jedenfalls wesentlich beeinflusst an, dann muss man auch anerkennen, dass die Massentierhaltung den Treibhauseffekt verstĂ€rkt.

1.2 Fleischerzeugung durch Massentierhaltung
Auch wenn man so wie ich gerne Fleisch ist, kommt man an der Frage, wie genau denn das Fleisch, das man isst, erzeugt wird, nicht vorbei. Der Begriff der âMassentierhaltungâ spielt dabei fĂŒr viele eine entscheidende Rolle, ohne dass so Recht klar ist, was genau das ist. FrĂŒher galt dieser Begriff fĂŒr einen Bestand von mehr als 1.250 Schweinen. Ab dieser Grenze galten 1975 besondere Hygienebestimmungen. Ăber die Frage, ob Tiere in solchen Betrieben richtig oder falsch gehalten werden, sagt das eigentlich gar nichts. Dennoch ist der Begriff extrem negativ besetzt und suggeriert fĂŒr den GroĂteil der Verbraucher eine tierquĂ€lerische Haltung. Das Wohlergehen der Tiere wird vermeintlich hintangestellt und in erster Linie geht es um die schnelle und möglichst billige Erzeugung von Fleisch. Das Wohl der Tiere und deren artgerechte Haltung scheinen nur von untergeordneter Bedeutung zu sein. Die zahllosen Berichte von Tierschutzorganisationen zu HĂŒhnerfarmen, SchweinestĂ€llen, Gammelfleisch und viele andere Skandale in der Fleischindustrie in den letzten Jahren, scheinen das zu bestĂ€tigen.
1.3 Ist denn Fleisch nun gesund oder ungesund?
Eine ganz zentrale Frage ist aber auch, ob denn Fleischkonsum generell eher gesund oder eher gesundheitsschĂ€dlich ist. Wie bei so vielen Dingen kommt es auch hier auf die Menge und wohl auch die Fleischsorte an. Fakt ist zunĂ€chst, dass in Deutschland jeder BundesbĂŒrger 2019 einen Fleischverbrauch von 59,5 kg hatte. (Quelle: Statista). Die Deutsche Gesellschaft fĂŒr ErnĂ€hrung empfiehlt mit 300 bis 600 g Fleisch pro Woche, ca. 30 kg pro Jahr, also etwa die HĂ€lfte. Was spricht nun fĂŒr Fleisch, was dagegen?
Pro Fleisch |
-> Hoher EiweiĂanteil |
-> Zink |
-> Eisen |
-> B-Vitamine, auch B 12 |
Contra Fleisch |
-> HĂ€ufig zu viel Fett |
-> Fördert HarnsÀure im Blut |
-> Wurst enthÀlt besonders viel Fett und gilt als krebserregend |
-> Rotes Fleisch erhöht wahrscheinlich das Darmkrebsrisiko |
-> Schlaganfallrisiko ist bei hohem Fleischkonsum erhöht |
-> Höheres Risiko von Herz-Kreislauferkrankungen |
-> Besonders verarbeitetes Fleisch nach dem Salzen, Pökeln und RÀuchern gilt als gefÀhrlich |
1.4 Vieles ist unklar
Nach Punkten gezĂ€hlt scheinen die negativen Folgen von Fleischkonsum die positiven zu ĂŒberwiegen. Aber egal, welchem Lager man angehört, eines muss man akzeptieren: Vieles ist unklar! Es gibt inzwischen auch Studien, die in Zweifel ziehen, dass der Verzehr von rotem Fleisch wirklich so ungesund ist, wie oft behauptet wird. Eine recht aktuelle Studie hat hunderte Studien zu dieser Auffassung untersucht und ausgewertet. Ergebnis: Die angewandten Methoden waren zum Teil nicht aussagekrĂ€ftig, die ZeitrĂ€ume zu kurz oder die Patientenanzahl zu gering, um die Behauptung zu stĂŒtzen, dass rotes Fleisch wirklich die Gesundheit gefĂ€hrde ( (Annals of Internal Medicine: Johnston et al., 2019). Also ist man wie so hĂ€ufig in ErnĂ€hrungsfragen nicht wirklich schlauer als zuvor. Nicht in Zweifel ziehen kann man aber die Ergebnisse zum Treibhauseffekt und die Art und Weise wie Tiere behandelt werden. Es gibt also auch auĂerhalb gesundheitlicher Erkenntnisse gute GrĂŒnde, den eigenen Fleischkonsum einzuschrĂ€nken.
2. Also was genau nehme ich denn nun als Fleischersatz?
Entscheidet man sich nun kein oder weniger Fleisch zu essen, gibt es fĂŒr viele Menschen wahrscheinlich ein Dilemma, das ein wenig an Entzugserscheinungen erinnert. Man will kein Fleisch mehr essen, sucht aber nun âErsatzstoffeâ die dem erinnerten Erlebnis, der Textur, der Farbe und dem Geschmack von Fleisch möglichst nah kommen. Das fĂŒhrte in den letzten Jahren zu Produkten, die zwar kein Fleisch enthalten aber begrifflich und optisch versuchten, die gewohnten Fleischprodukte nachzuahmen. Von Soja-WĂŒrstchen ĂŒber Veganes-Geschnetzeltes bis zu Seitan-Steaks war die Nahrungsmittelindustrie immer darauf bedacht, schon bei der Namensgebung klar zu machen, was das Vorbild war und welches Fleischprodukt man möglichst nachahmen wollte.
2.1 Die letzten 10 Jahre hat Fleisch echte Konkurrenz bekommen
Wer sich an die ersten Versuche vor Jahren erinnert, der weiĂ, dass das zunĂ€chst klĂ€glich scheiterte. Wer mit Soja-WĂŒrstchen zum Grillen erschien, war vor 10 Jahren noch ein Freak und wurde mĂŒde belĂ€chelt. TatsĂ€chlich war das Ganze geschmacklich auch noch sehr gewöhnungsbedĂŒrftig. Der Verbraucher war noch nicht so weit und die Produkte auch nicht. Das hat sich heute 2020 deutlich verĂ€ndert, nicht nur durch verbesserte Rezepturen sondern auch durch ganz neue Zutaten. WĂ€hrend gefĂŒhlt vor zehn Jahren als Fleischersatz einzig Soja zur VerfĂŒgung gestanden zu haben scheint, ist das heute völlig anders.
2.2 Pflanzliche Ersatzstoffe fĂŒr Burger und Co.
Will man kein Fleisch essen, gibt es heute eine ganze Reihe von pflanzlichen Zutaten, die fĂŒr vegetarische oder auch vegane Produkte zur VerfĂŒgung stehen. Die gĂ€ngigsten habe ich euch einmal in der Tabelle zusammengestellt:
Tofu | Tofu wird aus zu Sojamilch verarbeiteten weiĂen Sojabohnen hergestellt. Der durch Denaturierung und Koagulation von Proteinen entstehende Sojaquark wird entwĂ€ssert und anschlieĂend zu Blöcken gepresst. Dieses Verfahren ist der KĂ€seherstellung aus Milch sehr Ă€hnlich. |
Seitan | Der oder das Seitan (auch Mianjin, Weizengluten) ist ein Lebensmittel aus Weizeneiweià (Gluten) mit fleischÀhnlicher Konsistenz. |
Beyond Meat | Beyond Meat ist der Name der Firma, die 2009 in Kalifornien gegrĂŒndet wurde. Die veganen Fleischersatzprodukte bestehen hauptsĂ€chlich aus einer Mischung von Wasser, Erbsenproteinisolat und verschiedenen pflanzlichen Ălen. |
Quorn | Quorn ist der Handelsname fĂŒr ein industriell hergestelltes Nahrungsmittel aus dem fermentierten Myzel des Schlauchpilzes Fusarium venenatum, das von Quorn Foods aus GroĂbritannien hergestellt und vermarktet wird. |
(Quelle: WIKIPEDIA) |
2.2.1 Tofu und Seitan
Tofu und Seitan sind schon etwas lĂ€nger auf dem Markt. Ich persönlich habe mit Seitan noch keine Erfahrung. Soja habe ich zunĂ€chst als âHackfleischimitatâ in Form von Soja-Schnetzel oder Soja-Geschnetzeltem ausprobiert. Die Konsistenz ist der von Hackfleisch sehr Ă€hnlich und kaum zu unterscheiden, wenn es etwa als klassische Bolognese-Sauce zubereitet wird. Als Fleischersatz ist das Soja-Geschnetzelte sehr gut geeignet. Ich habe in meinem Rezept Vegane Zucchini đ„Nudeln mit Soja Bolognese schon mal einen sehr leckeren Versuch unternommen.
2.2.2 Auch Soja-Steaks sind einen Versuch wert
Als zweites Produkt habe ich Soja-Steaks ausprobiert. Inzwischen gibt es auch Soja-Medaillons. Die Zubereitung ist etwas aufwĂ€ndiger. Aber wenn man die Soja-Steaks (vegan) paniert und ordentlich wĂŒrzt, dann anbrĂ€t, kommen sie geschmacklich und auch von der Textur her, HĂŒhnchenschnitzeln schon sehr nahe. Auch diesen Fleischersatz solltet ihr einmal probieren. Auf Youtube gibt es inzwischen zahllose Videos zur Zubereitung.
Mein Tipp: đ Die Zubereitung der Soja-Steaks ist wirklich ein wenig tricky. Es ist wichtig, dass ihr die Soja-Steaks nach dem Aufquellen sehr gut ausdrĂŒckt, am besten geht das zwischen zwei Schneidebrettern und dann erst paniert. |
2.3 Der erste Burger aus Erbsenprotein
Besonders der Beyond Meat Burger hat groĂes Aufsehen erregt, als die Burger hier in Deutschland zunĂ€chst bei der Metro und dann bei Lidl angeboten wurden. Beyond Meat hat es 2019 sogar in den USA in die groĂen Fast Food Ketten von Kentucky Fried Chicken und McDonalds geschafft. Ich musste ihn 2019 auch unbedingt probieren und habe ihn damals noch sehr teuer bei der Metro gekauft. Meinen Test könnt ihr gern unter Veganer Beyond Meat Burger đ im OptiGrill sehen. Auch McDonalds hat in Deutschland nachgezogen und einen Veggie-Burger auf den Markt gebracht, den ich auch schon getestet habe, wie ihr unter meinem Test des McDonalds Vegan TS sehen könnt.
2.3.1 Beyond Meat, geschmacklich gut und umweltvertrÀglich
Geschmacklich fanden die meisten Tester, so wie ich auch, den Beyond Meat Burger wirklich gut. Auch Farbe und Textur kommen der von Fleisch extrem nah. Schaut man sich das immer wichtiger werdende Argument der umweltvertrĂ€glichen Herstellung an, gibt es ebenfalls kaum was zu meckern. Lt. wikipedia benötigten die fleischlosen Burger fĂŒr die Herstellung 93 Prozent weniger Land, 90 Prozent weniger Treibhausgase und 46 Prozent weniger Energie als ein Burger aus Rindfleisch und haben um mehr als 99 Prozent verringerte Auswirkungen auf die Wasserknappheit.
Mein Tipp: đ Testet den Beyond Burger oder andere fleischlose Pattys einfach einmal. Heute sind die Preise stark gefallen und liegen nicht mehr höher als bei einem hochwertigen Rinderhack-Patty. |
2.3.2 Ist Beyond Meat gesund?
Nur was die Gesundheit angeht, ist der Beyond Meat Burger wohl kein Vorbild. Ăko-Test hat 2019 kritisiert, dass zur Herstellung Hefeextrakt genutzt wird, das als GeschmacksverstĂ€rker gilt. AuĂerdem hat man Mineralölbestandteile nachgewiesen. Das Ă€ndert aber nichts daran, dass er eben kein Fleisch enthĂ€lt und damit auch kein Cholesterin und eben kein tierisches Fett.
2.4 Quorn
Quorn ist schon 1960 entdeckt und 1986 in GroĂbritannien als Marke eingefĂŒhrt worden. Quorn hat sich eher still und heimlich in die Supermarktregale geschlichen, ist aber nicht so erfolgreich wie Beyond Meat. Ich persönlich finde zu Unrecht. Offenbar stöĂt es viele Verbraucher ab, dass die Produktion von Quorn aus einem Schlauchpilz erfolgt. Mich stört das nicht, denn ich esse auch gerne BlauschimmelkĂ€se. Da spielt bekanntlich auch ein Schimmelpilz die zentrale Rolle. Ich habe als erstes Produkt auch hier die âHackfleischimitationâ ausprobiert und war begeistert.
2.4.1 Bei Bolognese schmeckt man fast keinen Unterschied
Meine erste Bolognese-Sauce konnte bei mir zuhause von verschiedenen Testessern nicht von Rinderhack unterschieden werden. Ebenso wie Soja-Hack eignet sich Quorn also bestens fĂŒr Hackfleischgerichte ohne Fleisch.
Mein Tipp: đ Macht doch mal ein Testessen mit Freunden. Als Versuch eignet sich eine klassische Bolognese-Sauce mit Rinderhack, Soja-Hack und Quorn als Hackersatz. Serviert euren Freunden alle drei Varianten in denen ihr nur das Hack jeweils ersetzt, die restlichen Zutaten aber sind ĂŒberall gleich. Fragt nach, wer das ârichtigeâ findet. Ich bin sicher, ihr werdet ĂŒberrascht sein ĂŒber die Antworten eurer âFleischfresserâ. |
2.4.1. Quorn ist nicht vegan
Wer sich mit Fleischersatzprodukten vegan ernĂ€hren möchte, fĂŒr den ist Quorn allerdings nicht geeignet. Zur Herstellung wird unter anderem EiweiĂ aus HĂŒhnereiern verwendet sowie Teile von Milch.

3. Nur GemĂŒse geht natĂŒrlich auch
Auch wenn es bisher nur um Fleischersatz ging, ist eines natĂŒrlich immer ein âErsatzâ fĂŒr Fleisch, nĂ€mlich GemĂŒse. Niemand muss einen Fleischersatz suchen, wenn er mit GemĂŒse und so ganz ohne Fleisch glĂŒcklich ist. Und genau darum geht es: Essen soll nicht nur satt machen und schmecken, es soll glĂŒcklich machen.
4. Fazit
Mein ganz persönliches Fazit zu den heute erhĂ€ltlichen Fleischersatzprodukten ist weitgehend positiv. Ja, auch der Beyond Meat Burger hat Hefeextrakt in den Zutaten. Wunder darf man nicht erwarten. Aber nie zuvor hat es so viele verschiedene gut schmeckende Fleischersatzprodukte gegeben, wie heute. Ob Hackersatz, vegane Wurst oder vegane Steaks, heute gibt es fast fĂŒr jeden etwas, das er als Fleischersatz zubereiten oder verwenden kann. Man muss nur wollen und ein wenig experimentieren.
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